Jahr1000Schätze des 11. Jahrhunderts

Das Ausstellungsprojekt „Jahr1000Schätze im Merseburger Dom“ hat sein Ziel erreicht. Nach 10 Monaten und einer Reise durch 10 Jahrhunderte wird im Oktober das 11. Jahrhundert vorgestellt. Zwei besondere Objekte stellen die Zeit genauer vor: eine Urkunde aus dem Umfeld der Domweihe und die mumifizierte Hand Rudolfs von Rheinfelden.

Die Jahre 1004 und 1080 bilden für die Merseburger Kathedrale die Koordinaten jener Zeit. König Otto I. hatte 968 das Bistum Merseburg gemeinsam mit den Bistümern Zeitz und Meißen und dem Erzbistum Magdeburg gegründet. Merseburg wurde wegen kirchenrechtlicher Bedenken sowie den Ambitionen des Bischofs Giselher auf das Erzbistum Magdeburg 981 wieder aufgelöst. König Heinrich II., der letzte Ottone, errichtete im Jahre 1004 das Bistum neu und stattete es weitgehend mit dem alten Besitz aus. Schon 1002 hatte er in Merseburg die Zustimmung der sächsischen Großen zu seiner Königswahl eingeholt. Heinrich II. besuchte Merseburg am häufigsten auf seinen Zügen durch das Reich – ein Beleg für die Wichtigkeit des Ortes insbesondere im Zuge der Kontakte zu den Völkern im Osten, Polen und Böhmen. Mit einer Schenkung an die Merseburger Domgeistlichkeit legte Heinrich II. den Grundstein für den eigenständigen Besitz des Domkapitels. Bischof Thietmar (1009–1018) berichtete in seiner bedeutenden Chronik ausführlich über die Bedeutung Merseburg sowie der engen Bindung der Ottonen an die Merseburger Domkirche. Zu deren Neubau hatte Thietmar am 18. Mai 1015 die Grundsteine gelegt. Am 1. Oktober 1021 fand in Anwesenheit Kaiser Heinrichs II. und seiner Gemahlin Kunigunde die Weihe des Domes statt. Großzügig bedachte der Kaiser die Kathedrale mit Schenkungen, wie es eine besondere Urkunde belegt.

Urkunde von Kaiser Heinrich II., 5. Oktober 1021

Anlässlich der Weihe des Domneubaus am 1. Oktober 1021 übertrug Kaiser Heinrich II. der Merseburger Kirche zahlreiche Schenkungen. In der vorliegenden Urkunde übertrug er dem Merseburger Domklerus die Dörfer Uthini (Wg. Uden ö. Schiepzig) und Hubetheri (Wg. bei Salzmünde).

In der Urkunde fällt in der 6. Zeile, unmittelbar vor der Nennung der geschenkten Orte, ein Tintenwechsel auf. Offenbar handelte es sich um ein Blankett, d.h. eine Urkunde, die zunächst ohne konkreten Rechtsinhalt übergeben wurde. Auch die Signumzeile ist in der helleren Tinte gehalten. Blankette galten als großer Gunsterweis, ließen sie doch Raum für umfangreiche Schenkungen. Heinrich II. brachte damit seine große Wertschätzung für den Domneubau zum Ausdruck.

Der Leiter des Domstiftsarchivs, Markus Cottin, stellt die Urkunde genauer vor.

Die sogenannte Hand Rudolfs von Schwaben
Mumifizierte Hand, Etui: Mitteldeutschland, wohl Merseburg, Mitte 16. Jh.

Der Zugriff Heinrichs IV. auf das sächsische Stammesgebiet berührte in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts auch die Merseburg Kirche, deren Bischofssitz zumeist mit Vertretern der sächsischen Adelsfamilien besetzt war. Im Investiturstreit trat Bischof Werner (1063–1093) offen auf die Seite des Gegenkönigs Rudolf von Rheinfelden und zog mit diesem gegen Heinrich IV. in die Schlacht. In der Schlacht an der Weißen Elster 1080 wurde Rudolf von Rheinfelden im Kampf schwer verwundet, seine rechte Hand wurde abgeschlagen.

Eine mumifizierte Hand im Merseburger Domstiftsarchiv wird Rudolf von Rheinfelden zugeschrieben. Markus Cottin erklärt, was wir über die Hand wissen. Und auch, was ungewiss bleibt.

Als Rudolf von Rheinfelden 1080 in der Schlacht schwer verwundet wurde, brachte man ihn nach Merseburg, wo er verstarb. Bischof Werner und das Domkapitel bereiteten dem Gegenkönig ein prachtvolles Begräbnis und setzten mit der halbplastischen Grabplatte im Hohen Chor ein politisches Zeichen. Vielleicht wurde damals bereits die rechte Hand des Gegenkönigs als Reliquie verwahrt, um eine spätere Heiligenerhebung vorzubereiten. Erst das im 16. Jahrhundert angefertigte Etui gibt einen sicheren Hinweis auf die Existenz der Hand und ihre Zuschreibung an Rudolf von Rheinfelden.

Das Zerwürfnis mit Heinrich IV. war jedoch nicht von Dauer. Die Stiftung des Benediktiner-Klosters St. Peter in der Merseburger Altenburg 1091 war offenbar ein gemeinsamer, von Bischof und König vollzogener Akt, der die neue Eintracht symbolisieren sollte.

Das Merseburger Bistum im 11. Jahrhundert

In der salischen Epoche gingen die königlichen Schenkungen zurück. Gleichwohl blieb Merseburg eine der wichtigsten Pfalzen des Reiches. Als Teile des Domes nach seiner Weihe zwei Mal einstürzten, baute Bischof Hunold den Chorbereich mit Krypta und Osttürmen völlig neu. Diesen Bau der Jahre 1040 bis 1042 begleitete Heinrich III. großzügig mit Schenkungen. Deutlich wird zu dieser Zeit bereits die innere Struktur des Domkapitels mit Ämtern wie dem des Propsts und Dekans. Das Vermögen der Kathedrale war in Bischofs- und Kapitelsvermögen eingeteilt. Wirtschaftlich konnte man sich offenbar auf eine Reihe von Fronhöfen im Merseburger Umland (Wünsch, Kaja) stützen, von denen Natural- und Geldabgaben nach Merseburg zu liefern waren. Besitz hatte die Merseburger Kirche rund um die Bischofsstadt sowie südlich von Leipzig um die Burgbezirke Zwenkau und Magdeborn.

Wie sein Zeitgenosse, der nachmalige Markgraf von Meißen, Wiprecht von Groitzsch, sorgte sich Bischof Werner früh um die weitere Besiedlung des Landes und lernte slawisch, um missionieren zu können. Am Ende des 11. Jahrhunderts waren indes noch weitere Landstriche unbesiedelt. Merseburg befand sich in Wartestellung bezüglich der künftigen Entfaltung seines Besitzes und der Diözese. Nur etwa 50 Pfarrkirchen mit offenen Sprengeln waren zumeist als königliche oder bischöfliche Gründungen entstanden. Durch die vorübergehende Übertragung der Markgrafschaft Meißen an den Wettiner Heinrich von Eilenburg 1089 zeichnete sich indes die künftige politische Ordnung Mitteldeutschlands ab.

Veranstaltungstipp:
Der Kaiser und sein Dom: Sonderführung zu den Anfängen des Merseburger Doms unter Heinrich II.
Freitag, 29. Oktober 2021, 17.00 Uhr
Kosten: 8,50 € pro Person
Wir empfehlen eine Anmeldung über unseren Besucherservice.

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