Jahr1000Schätze des 20. Jahrhunderts

Gehen Sie mit uns auf Zeitreise. Anlässlich des Festjahres „Geweiht für die Ewigkeit. 1000 Jahre Merseburger Domweihe“ laden wir Sie zu einem ungewöhnlichen Ausstellungsprojekt ein. Monat für Monat reisen wir ein weiteres Jahrhundert in der Geschichte des Merseburger Doms zurück und stellen ausgewählte Schätze aus der jeweiligen Zeit vor, die uns viel über die politischen, gesellschaftlichen und künstlerischen Entwicklungen erzählen können. Die Zeitreise beginnt im Januar 2021 mit den Jahr1000Schätzen des 20. Jahrhunderts.

Verzeichnis der luftschutzsicher aufzubewahrenden Archivalien des Domstifts zu Merseburg

Markus Cottin, der Leiter des Domstiftsarchivs Merseburg, erläutert eine besondere Domakte vom 30. Oktober 1941, die zeigt, welche Vorsichtsmaßnahmen im Merseburger Dom angesichts der drohenden Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg getroffen worden sind.

Das Dom-Album von Joachim Thörmer (1899–1979)

Ein einzigartiges Fotoalbum aus dem Jahre 1964 des Merseburgers Joachim Thörmer zeigt uns bis heute die vollständigste Dokumentation des Domes in Fotos und zugleich die Verbundenheit Thörmers zum Merseburger Dom. Markus Cottin blättert für uns durch das Album.

Der Merseburger Dom im 20. Jahrhundert

1918 – 1933 – 1945 – 1989 – kaum ein Jahrhundert ist so reich an Zäsuren wie das 20. Jahrhundert. Die weltbewegenden Ereignisse wie Weltkriege und Diktaturen haben Merseburg nicht unberührt gelassen. Für das Domkapitel war es jedoch besonders das Jahr 1930, das einschneidend wirkte: Das Domkapitel wurde aufgelöst und in eine Stiftung des öffentlichen Rechts umgewandelt. Im Schicksalsjahr 1930 hatte mit Generalfeldmarschall August von Mackensen ein verdienter preußischer
Beamter das Amt des Dechanten inne. So konnte das Domkapitel nicht einfach ausgelöscht werden. Von Mackensen, ein Anhänger Hitlers, steht für die preußischen Traditionen, die die nationalsozialistische Führung für sich zu nutzen wusste. Der Merseburger Dom überstand mit seinen Schätzen den Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschadet.

Die Fotografien Joachim Thörmers dokumentieren Vorsichtsmaßnahmen während des Zweiten Weltkriegs wie ein Feuermauer, die quer durch das Kirchenschiff errichtet worden war, um im Falle eines Brandes wenigstens eine Seite des Doms vor dem Feuer zu schützen. Thörmers Fotografien hielten auch Schätze fest, die durch die Luftangriffe auf Merseburg verloren gingen. Die Druckwelle der Bomben zerstörte unter anderem Glasfenster aus dem 13. Jahrhundert, die in der Vorhalle eingebaut waren.

Das Vereinigte Domkapitel wurde auch nach 1945 nicht enteignet, weil auf dessen Zustand als Stiftung mit kulturellen bzw. kirchlichen Aufgaben Rücksicht genommen wurde. Es gab sich 1950 eine neue Satzung, die den Fortbestand sicherte. Der Bezirkspräsident sollte jeweils Mitglied des Domkapitels sein, konnte aber, so er nicht der evangelischen Kirche angehörte, einen Vertreter entsenden. Die Baulast für den Merseburger Dom blieb zwischen dem Kreis Merseburg (Nordseite) und den Vereinigten Domstiftern (Südseite) geteilt.

Als prägende Gestalten im Domkapitel dürfen Wolf Schubert (1945–1977) und dessen Sohn Ernst Schubert (1984–2002) genannt werden, die als Dechanten amtierten. Ihre guten Beziehungen zum Institut für Denkmalpflege in Halle ermöglichten die Restaurierungskampagnen der 1950er, 60er und 70er Jahre im Merseburger Dom. Gleichwohl bedeutete die Verlagerung der Domstifterverwaltung nach Naumburg und die Konzentration auf diesen Dom schleichend eine Vernachlässigung Merseburgs.

Die politische Wende vom Herbst 1989 nahm in Merseburg ihren Ausgang auch vom Dom – hier konstituierten sich nach den Friedensgebeten die Gruppen des Neuen Forums, die teilweise bis heute aktiv sind. Ein einzigartiges Foto von Jochen Ehmke zeigt eine Versammlung im Dom am 6. November 1989.

Merseburger Dom am 6. November 1989, Foto: Jochen Ehmke

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